Abschied nach 27 Jahren: Mehr als ein Vierteljahrhundert lang hat Schwester M. Canisia Corleis das Gesicht des Hildesheimer St. Bernward Krankenhauses geprägt – zunächst als Pflegedienstleiterin, dann als Geschäftsführerin. Am vergangenen Freitag hat sich die Ordensschwester vor rund 230 geladenen Gästen offiziell aus der Geschäftsführung des BK verabschiedet, zunächst mit einem von Bischof Norbert Trelle zelebrierten Pontifikalamt, im Anschluss mit einem festlichen Empfang. „Alles hat seine Zeit“, zitierte die 69-Jährige in ihrer Rede aus dem Buch Kohelet.
Gleichzeitig wurde Alexandra Kaul in die Geschäftsführung des St. Bernward Krankenhauses eingeführt. Die Diplom-Theologin und -Caritaswissenschaftlerin ist seit Oktober 2014 für das St. Bernward Krankenhaus als Krankenhausoberin tätig. „Ich weiß es sehr zu schätzen, dass ich die erste weltliche Oberin in diesem Hause bin, das ist eine Ehre und gleichzeitig eine große Verantwortung“, sagte die 43-Jährige in ihrer Begrüßung. „Es ist mir sehr wichtig, die Pfade der Vinzentinerinnen, die dieses Haus hier aufgebaut haben, weiter zu gehen.“
Vinzentinerin Schwester M. Canisia hingegen wird sich auf neue Pfade begeben – von Ruhestand kann keine Rede sein. Die Ordensschwester sitzt künftig im Aufsichtsrat des Anfang 2014 gegründeten Elisabeth-Vinzenz-Verbundes mit Sitz in Berlin, einem bundesweit tätigen katholischen Träger von acht Krankenhäusern (unter anderem dem St. Bernward Krankenhaus) sowie Pflegeeinrichtungen und Ausbildungsstätten. Darüber hinaus gehört sie ab sofort zum Kuratorium der Stiftung St. Bernward sowie zum Aufsichtsrat des Vinzenz Verbundes, einer Einrichtung der Kongregation der Barmherzigen Schwestern, zu der ebenfalls mehrere Krankenhäuser und Altenheime zählen. Zu guter Letzt ist Schwester M. Canisia wie bisher auch weiterhin in ihrem Orden als Generalrätin tätig.
Dass Schwester M. Canisia einmal gleich mehrere leitende Ämter in katholischen Einrichtungen übernehmen würde, zeichnete sich in ihrer Kindheit und Jugend nicht ab. Die gebürtige Lübeckerin und Tochter eines Schiffsbauers entstammt einer liberalen protestantischen Familie. Sie schloss zunächst eine Lehre zur Bürokauffrau ab – damals noch Kontoristin genannt – entschied sich dann aber für den Beruf der Krankenschwester. Im Krankenhaus hatte Franziska Corleis, so Schwester M. Canisias bürgerlicher Name, erstmals Kontakt mit Vinzentinerinnen – und war von der Spiritualität des Ordens so beeindruckt, dass sie sich mit gerade einmal 23 Jahren dazu entschloss, dem Orden beizutreten. Zehn Jahre lang arbeitete Schwester M. Canisia als Klinikdirektorin in Harburg, bis sie 1988 schließlich an das St. Bernward Krankenhaus nach Hildesheim kam.
Seither hat sie viel bewegt: Gemeinsam mit dem 2013 verstorbenen Geschäftsführer Klaus Knauder ließ die Ordensschwester in mehreren Bauabschnitten die Klinikgebäude modernisieren, strukturierte Abläufe und Stellenpläne neu und schuf ein breites medizinisches Leistungsspektrum. Mit Klaus Knauders Nachfolger Olaf Klok, der 2011 sein Amt als Geschäftsführer des St. Bernward Krankenhauses antrat, realisierte sie den Bau des neuen Ärztezentrums „Vinzentinum“ und den Zusammenschluss des St. Bernward Krankenhauses mit den Häusern der Katholischen Wohltätigkeitsanstalt zur heiligen Elisabeth zum Elisabeth Vinzenz Verbund (EVV), einem der bundesweit zehn größten katholischen Krankenhausträger. Seit 2014 leitet Olaf Klok gemeinsam mit Dr. Sven Langner die Geschäftsführung des EVV - sowohl Dr. Langner als auch die Aufsichtsratsvorsitzende des EVV, Schwester M. Dominika Kinder konnte Schwester M. Canisia bei ihrer Verabschiedung begrüßen.
Die Aufgaben und Herausforderungen der kommenden Jahre wird Geschäftsführer Klok nun mit Krankenhausoberin und Prokuristin Alexandra Kaul in Angriff nehmen. „Mit Erfahrung, mit Herz und mit Mut wird Frau Kaul hier im St. Bernward Krankenhaus ans Werk gehen“, ist sich Schwester M. Canisia sicher.
Die gebürtige Kölnerin Alexandra Kaul wuchs im niedersächsischen Gehrden auf. Nach dem Abitur 1991 zog es sie an die Theologische Fakultät in Paderborn. Dort studierte sie bis 1996 und war im Anschluss als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Pastoralpsychologie und Pastoralsoziologie tätig. Während dieser Zeit legte sie ihr Diplom im Aufbaustudiengang für Caritaswissenschaft ab.
Mit dem Gesundheitswesen kam die heute 43-Jährige bereits 1997 zum ersten Mal in Berührung: Zwei Jahre lang unterstützte sie als Krankenhausseelsorgerin die Patienten und Mitarbeiter im Landeshospital der Paderborner Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul. 2003 machte Alexandra Kaul das Gesundheitswesen schließlich zu ihrem Berufsfeld. Als Pressereferentin arbeitete sie vier Jahre lang für die Marienhaus-Unternehmensgruppe in Waldbreitbach, zu der 20 Krankenhäuser, 29 Alten- und Pflegeheime, fünf Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen und neun Hospize sowie einige Ausbildungszentren und weitere Einrichtungen zählen.
Von 2007 an fungierte sie als Assistentin der Sprecherin der Geschäftsführung. Im Jahr 2013 wurde sie zusätzlich Referentin des Aufsichtsrates sowie Referentin für Theologie und Ethik – diese Posten hatte sie inne, bis sie im Herbst 2014 an das St. Bernward Krankenhaus wechselte.
„Der Maßstab für meine Arbeit hier am BK ist der Mensch – muss der Mensch sein, gerade angesichts der Ökonomisierung des Gesundheitswesens, die einen immer größeren Raum einnimmt“, stellt Alexandra Kaul fest. Gemeinsam mit den Mitarbeitern wolle sie deshalb umso mehr christliche Werte im Krankenhaus leben und erlebbar machen. „Patienten und Mitarbeiter sind keine Kunden – sie verbringen einen wichtigen Teil ihrer Lebenszeit in diesem Haus. Sie haben Erwartungen an uns, die über die rein medizinische Betreuung hinausgehen. Diese zu erfüllen – das muss unsere Aufgabe sein.“
Sr. M. Canisia Corleis (3. v. links) scheidet aus der Geschäftsführung des St. Bernward Krankenhauses aus. Es verabschieden sich: Krankenhausoberin Alexandra Kaul, Bischof Norbert Trelle, die Aufsichtsratsvorsitzende des Elisabeth Vinzenz Verbunds (EVV) Schwester M. Dominika Kinder, EVV-Geschäftsführer Dr. Sven Langner, Generaloberin Sr. M. Teresa Slaby, der Ärztliche Direktor Prof. Dr. Georg von Knobelsdorff, der Geschäftsführer des EVV und des St. Bernward Krankenhauses Olaf Klok und Diözesan-Caritasdirektor Dr. Hans-Jürgen Marcus (von links).