Ich habe mich um einen Praktikumsplatz im St. Bernward Krankenhaus gekümmert. Und was soll ich Ihnen sagen, nach meiner Schicht bin ich mit einem Strahlen nach Hause gegangen. Meine Erwartungen, die ich mit diesem Beruf verbunden habe, haben sich während meines Praktikums bestätigt und mir hat die Arbeit einfach Spaß gemacht. Denn jeder Mensch reagiert in ähnlichen Situation anders und daher ist man in der Pflege gefordert, immer wieder neue Strategien zu entwickeln. Das fand ich unheimlich spannend und hat jeden Tag anders gemacht. Also habe ich mich beworben und meine dreijährige Ausbildung im St. Bernward Krankenhaus mit Staatsexamen abgeschlossen. Eine goldrichtige, wichtige Entscheidung. Aber wie das so in jungen Jahren ist: Innerlich stieg wieder eine gewisse Neugierde in mir auf und somit habe ich das Krankenhaus und die Gegend gewechselt und bin nach Münster in die Uniklinik gegangen. Münster verbinde ich mit einer guten Zeit, die mir persönlich auch sehr gutgetan hat. Denn ich habe mir wieder bewusstgemacht, warum ich den Beruf gewählt hatte: Ich wollte mich weiterbilden. Ich wollte die Dinge, die ich tagtäglich mache, hinterfragen. Wissen, warum man die Dinge tut, die man vielleicht schon immer so macht. Um diesen Fragen nachzugehen, habe ich mich für ein berufsbegleitendes Studium im Bereich „Innovative Pflegepraxis“ entschieden.
Wie es manchmal so ist, es ändern sich nicht nur berufliche Dinge, sondern auch private. Und so bin ich zurück nach Hildesheim und zurück in das BK auf die Intensivstation gegangen. Denn wenn Hildesheim, dann das St. Bernward Krankenhaus. Aus der Vergangenheit wusste ich, dass hier das Thema Fort- und Weiterbildung großgeschrieben wird, und somit hat mich das Haus wie auch zuvor die Uniklinik Münster bei meinem Studium unterstützt. Das macht nicht jedes Krankenhaus, immerhin fand der Unterricht in Blockwochen statt. Aber der Dienstplan und meine Schichten wurden so angepasst, dass ich sowohl die Unterrichtszeiten einhalten als auch weiterhin in Vollzeit arbeiten gehen konnte.
Das ist ein knackiges Programm, dass Sie während Ihrer Arbeit hatten.
Absolut. Aber es hat sich auch gelohnt. Das, was ich heute mache, ist genau das, was mir Spaß macht. Mitzugestalten in einem breiten Spektrum, unter Berücksichtigung von Fachwissen und Expertise, gepaart mit Praxis, ist genau das, wonach ich in der Vergangenheit gesucht habe.
Da das BK sehr aufgeschlossen ist, hatte ich den großen Vorteil, dass ich Inhalte meines Studiums in die Praxis umsetzen konnte. Es motiviert ungemein, wenn man Theorie und Praxis konkret in Projekten verbinden kann und erlebt, wie es Form annimmt. So habe ich während meines Studiums einen Fragebogen entwickelt, in dem es um die Einstellung und das Wissen von Pflegenden in der Versorgung von Patienten mit Blasenverweilkathetern ging. Die Erhebung fand direkt in der Praxis statt und so konnten wir sehen, wie gut unser Fachwissen aufgestellt und wie auch eine gewisse Haltung und Einstellung dazu bei uns im Hause ist. Diese Erhebung war in der Tat der Auslöser, sich dieses Themas noch einmal gezielt anzunehmen und somit eine berufsgruppenübergreifende Verfahrensanweisung ins Leben zu rufen. So eine Möglichkeit hatte nicht jeder meiner Kommilitonen.
Herr Timpe, Sie arbeiten in der Pflegeentwicklung. Was kann ich mir darunter vorstellen?
Meine Arbeit ist sehr breit gefächert, und es gibt viele Schnittstellen zu den unterschiedlichsten Bereichen. Das würde hier allerdings den Rahmen sprengen. Daher erzähle ich Ihnen von meinen Kernaufgaben. Ich versuche, die praktische Pflege im Alltag theoretisch nach pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen zu fundieren. Ich implementiere Expertenstandards, die entscheidend zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege beitragen und stelle diese sicher. Einfacher gesagt: Ich kann Mitarbeitern eine Hilfestellung geben, wie sie ihrer Arbeit nach einem definierten Qualitätsanspruch nachgehen können, indem ich ihnen aufzeige, was berücksichtigt werden muss. In der Praxis sieht man oft, dass ganz viel davon bereits umgesetzt wird. Somit setze ich einen Bewusstseinsprozess in Gang und gestaltet diesen Theorie-Praxis-Transfer maßgeblich mit.
Aber auch das gemeinsame Entwickeln von komplexen Konzepten zusammen mit unterschiedlichen Fachbereichen gehört zu meinen Aufgaben. Das Onkologische Pflegekonzept, das wir im St. Bernward Krankenhaus seit etwa eineinhalb Jahren sehr gut implementiert haben, war für mich ein großer Meilenstein.
Worum geht es in dem Onkologischen Pflegekonzept?
Wir möchten den an Krebs erkrankten Patienten, die sich ambulant oder stationär in einer onkologischen Behandlung befinden, eine weitere, hochwertige Versorgungsstruktur anbieten und haben daher mit allen beteiligten Berufsgruppen ein Konzept zur onkologischen Pflegeberatung entwickelt. Somit weiß der Patient anschließend, auf was er wie im Rahmen seiner Behandlung konkret achten muss, wenn begleitende Symptome wie Hautausschlag oder eine Mund-Schleimhautentzündung auftreten. Gleichzeitig schauen wir, ob es Probleme psychischer Natur gibt, bei denen Psychoonkologen unterstützen können. Das Onkologische Pflegekonzept beinhaltet aber auch den klassischen Patientensupport, wie zum Beispiel die Anleitung zum Umgang mit einem Stoma (künstlicher Darmausgang). Uns ist es ein besonderes Anliegen, dass Patienten eine gewisse Autonomie im Alltag wiedererlangen – sprich eine eigenständige Lebensführung. Diese Patienten auf diesem Weg zu begleiten und in ganz speziellen gesundheitlichen Problemen zu unterstützen, ist der Job von unseren Mitarbeitern und von mir. Meine Aufgabe ist dabei Pflegestandards und Strukturen zu entwickeln. So kann der Patient davon profitieren.
Ich kann mir vorstellen, dass Sie in Ihrem heutigen Beruf noch von Ihrer Praxiserfahrung profitieren, richtig?
Meine Ausbildung und meine Praxiserfahrung sind natürlich die Voraussetzung für das Pflegestudium. Die Ausbildung ist meiner Meinung nach hier unerlässlich und wertvoll, aber gleichzeitig ist auch die Abstimmung mit den Kollegen, die am Patienten arbeiten, absolut wichtig, um das gut münzen zu können. Ich kann in meiner Funktion die Perspektive von oben einnehmen und gleichzeitig kann ich schauen, was es jetzt in der Situation ganz genau braucht. Hierbei stehe ich im direkten Dialog mit dem Kollegen. Und das macht mein Job für mich aus: Ich kann das Große und Ganze im Blick haben und gleichzeitig kann ich die Meinung und das Fachwissen des einzelnen Kollegen berücksichtigen.
Was ist das Besondere am BK? Was zeichnet dieses Krankenhaus aus?
Wir haben hier bei uns im Haus eine gewisse Grundfreundlichkeit und Respekt voreinander. Das erkennt man an Kleinigkeiten, wie dem „Guten Morgen-Sagen“, unabhängig von der Berufsgruppe oder dem „Rang“. Das ist etwas, was mir sehr gut an diesem Krankenhaus gefällt. Aber auch, dass die Pflege generell einen sehr hohen Stellenwert bei uns im Hause hat und wir ein differenziertes Expertentum im Pflegebereich haben.
Neben einer hochqualitativen Wund- und Stoma-Versorgung, die von den Abteilungen geschätzt wird, haben wir eine gute onkologische Pflege, der Akutschmerzdienst ist gut etabliert. Wir haben exzellente Breast Nurses, die auch in der ambulanten Versorgung gute Angebote etabliert haben. Durch unsere spezialisierten Pflegekonzepte sind unsere Mitarbeiter aus diesen Bereichen auch klinikübergreifend tätig und werden konsiliarisch abgerufen. Das ist für mich etwas sehr Besonderes, was uns auszeichnet.
Was war der schönste Moment?
Als ich selber noch in der Pflege tätig war, gab es natürlich sehr schöne Momente. Der erste prägende Moment war während meiner Ausbildung, als bei einem Patienten die Trachealkanüle gezogen wurde und der Mann das erste Mal seit langem wieder sprechen konnte. Seine eigene Stimme wieder zu hören und sich der Außenwelt mitzuteilen war wirklich ein Wow-Effekt, der mir die Sprache verschlagen hat.
Aber auch jetzt gibt es viele schöne Momente. Einen kann ich so gar nicht hervorheben. In meiner jetzigen Tätigkeit finde ich sogenannte „Aha-Momente“ immer sehr schön. Gerade wenn ich diese selber auslösen kann oder, wenn ich diese selber habe. Oder das Gefühl, wenn man gemeinsam im Team Ideen entwickelt, umsetzt und man weiß, dass die Patienten davon profitieren.
Gibt es in Ihrem jetzigen Berufsalltag auch unschöne Momente?
Unschöne Momente sind natürlich immer da, wenn Rahmenbedingungen gute Dinge überschatten. Da sind wir nicht nur als BK gefragt, sondern das ist ein allgemeines Problem im Gesundheitssystem. Hier muss man manchmal den Pragmatismus wahren und sich nicht entmutigen lassen, sondern es als Herausforderung sehen, einen guten Weg für alle Beteiligten zu finden.
Wie würden Sie nach heutigen Stand Ihren Lebensweg beschreiben?
Ich habe nicht den gradlinigen Lebenslauf, den sich die Eltern vielleicht für ihre Kinder wünschen. Im besten Fall sollen junge Menschen schon während ihrer Schulzeit wissen, was sie später im Leben machen wollen. Dies sollen sie dann zielstrebig und ohne Umwege umsetzen. Ich habe für mich festgestellt, dass es gut ist, Dinge auszuprobieren. Denn so kann man oft feststellen, was man nicht will und es gibt einem die Möglichkeit, sich bewusst für Dinge zu entscheiden. Dafür braucht es manchmal Zeit. Aber genau diese Dinge macht man dann nachhaltig und lange. Vielleicht wäre ich heute nicht der Mensch mit diesem Blickwinkel, wenn mein Lebensweg nicht genauso kurvig verlaufen wäre.
Heute kann ich voller Überzeugung sagen, dass ich morgens gern für meinen Job aufstehe. Denn ich kann mit meiner Arbeit zu einer hochqualifizierten und guten Patientenversorgung beitragen. Ich mache das zwar indirekt, aber ich habe die Möglichkeit an neuen Dingen zu arbeiten, von denen die Patienten später etwas haben. Vorgehensweisen in der Pflege und der Beruf an sich entwickeln sich. Ich bin ein Teil von dieser Entwicklung.